BIFFF 2021 poster

 

Schon ziemlich früh stand fest, dass die 38. Ausgabe des Brussels International Festival of Fantastic Film dieses Jahr wegen der nicht enden wollenden Corona-Situation bereits zum zweiten Mal ausschließlich online stattfinden würde. Trotz der Widrigkeiten boten die Organisatoren ein grandioses Filmprogramm mit abgefahrenen, außergewöhnlichen und bewegenden Geschichten. Das BIFFF-Team hat die Events, die sonst rund um das Festival stattfinden, beibehalten, und so konnten die Fans unter anderem an ZOMBIFFF-Aerobic-Sessions teilnehmen, es gab eine virtuelle Kunstgalerie, und auch der Wettbewerb für das beste Kostüm beim Ball der Vampire fand online statt.

 

Südkoreas Beiträge zum diesjährigen Festival boten die gewohnt unnachahmliche Mischung aus großen Gefühlen, Humor und Action. Bei gleich drei Filmen stand das Thema Kinder im Fokus – verschwundene, vernachlässigte oder einfach nur die Karriere störende Kinder. THE CLOSET ist bei uns bereits auf DVD und Blu-ray erschienen.

 

 

 

 

In BRING ME HOME hat Jung-Yeon nie die Hoffnung aufgegeben, ihren verschwundenen Sohn wiederzufinden. Als ihr Mann stirbt, verliert sie jeglichen Lebenswillen, doch dann erfährt sie, dass ein Junge in einer Fischerkolonie ihrem Sohn ähnlich sehen soll. Dort angekommen, steht ihr die verschworene Gemeinschaft feindselig gegenüber, und der örtliche korrupte Polizist hält die Hand über alles. Ein bewegender Film über Verlust und Hoffnung, mit einer starken Protagonistin und einigen unerwarteten Wendungen.

Ebenso schon hierzulande als Blu-ray und DVD erhältlich:

 

In SOEBOK wird ein ehemaliger Agent angeheuert, den ersten geklonten Menschen in Sicherheit zu bringen, und das nicht ganz uneigennützig. Der Agent hat einen Hirntumor, und die Gene von Soebok könnten ihm dazu verhelfen, wieder gesund zu werden. Die Geschichte der zwei ganz unterschiedlichen Männer enthält mehr Weisheit über das Leben und den Tod, und das ganz ohne moralinsauer zu werden. Genug Action, tolle Effekte und viel Kritik an der Wissenschaft machen SOEBOK zu einem Highlight des koreanischen Kinos.

 

 

In DIVA geht es um eine gefeierte Turmspringerin, die zusammen mit ihrer Freundin im Wagen verunglückt und von einer Klippe stürzt. Sie überlebt und versucht verzweifelt, wieder an ihre alten Erfolge anzuknüpfen. In Rückblicken wird die Geschichte der beiden jungen Frauen beleuchtet, und dieses intensive Drama bietet mal nicht die übliche Geisterstory, sondern einen Psychothriller über Schuld und den unerträglichen Druck, der auf Spitzensportlern lastet.

 

 

HITMAN AGENT JUN ist ein ehemaliger Agent, der schon als Kind Comiczeichner werden wollte, aber leider finden alle seine Comicstrips öde, weshalb ihn sein Verleger feuert. Im Suff zeichnet er seine Lebensgeschichte, und die findet seine Gattin so toll, dass sie alles gleich online stellt. Der Verleger ist hocherfreut, allerdings ist Juns altes Leben vorbei, denn jetzt ist er enttarnt, und die Schergen seines Erzfeindes sind schon hinter ihm her. Herrlich abgedreht und so, wie man sich eine koreanische Actionkomödie vorstellt: schnell, bunt, schrille Charaktere und super Kampfszenen.

 

 

In VOICE OF SILENCE erledigen zwei Kleinkriminelle – der eine stumm, der andere mit einem kaputten Bein – die Drecksarbeit für die hochrangigen Bosse. Eines Tages bekommen sie den Auftrag, einen Tag auf ein Entführungsopfer aufzupassen, bis das Lösegeld bezahlt ist. Sie dürfen nicht ablehnen, und schon bald stecken sie inmitten der Misere. Die Entführte ist ein kleines Mädchen, der Vater schachert um das Lösegeld, und der Boss vom Vortag ist jetzt selbst eine Leiche. Und was nun mit dem Kind? Und gibt es noch eine Möglichkeit, das Lösegeld zu bekommen? VOICE OF SILENCE beleuchtet das Milieu von Koreas Unterschicht, die für die Reichen die Drecksarbeit macht und kaum Hoffnung auf ein besseres Leben haben darf. Ein bewegendes Drama mit ganz viel Herz.

 

 

Hinsichtlich der visuellen Ästhetik schön bei der HANNIBAL-Serie aufgepasst, bietet SHADOWS ein paar eindrucksvolle Bilder, aber die Story um eine Psychologin, die sich förmlich in die Gefühlswelt ihrer Patienten einloggen kann, wirkt teils ziemlich bemüht. Der harte Cop ist das wandelnde US-Klischee und der Part mit einem Serienmörder fast die interessantere Geschichte. Bei den Filmen aus China merkt man immer, dass viel Geld drinsteckt, aber das Herz und die Seele vergleichbarer japanischer oder koreanischer Produktionen fehlen einfach gänzlich.

 

 

SIGNAL 100 ist eine Mangaverfilmung aus Japan. Ein Lehrer, dem die ungehorsame Teenager-Bande auf den Sack geht, nutzt eine Lehrstunde zur Massenhypnose seiner Klasse. Danach erklärt er den Schülern, dass von nun an bestimmte Handlungen einen sofortigen Selbstmord nach sich ziehen werden, und schwups sind die ersten von ihnen schon tot. SIGNAL 100 beginnt fulminant, es gibt ein paar großartige Ideen bezüglich der Selbstmorde, doch geht dem Film zwischendurch die Puste aus, und am Ende fehlt natürlich, der Tatsache geschuldet, dass es nur wenige Überlebende gibt, ein entsprechender Showdown.

 

 

In HONEYDEW landet ein permanent zerstrittenes Paar in einem abgelegenen Kaff, wo es keinen Handyempfang gibt und sie zwangsweise bei einer netten alten Frau für die Nacht unterkommen können. Ja, so fingen früher schon die Märchen an, die kein gutes Ende hatten. HONEYDEW deutet vieles an, braucht aber unglaublich lange Zeit, um in die Gänge zu kommen, das unabwendbare Grauen wird nur häppchenweise serviert, dafür sucht das absurde und vollkommen perverse Finale allerdings seinesgleichen. Und als Tipp einfach mal Mutterkorn und Ergotismus googeln, gerne auch schon vor Sichtung des Films, dann ergibt einiges noch mehr Sinn.

 

 

BEYOND THE INFINITE TWO MINUTES war einer der verdienten Gewinner dieses Jahres. Die Clique um Kato entdeckt, dass dessen Computer in seiner Wohnung eine Zeitverzögerung von zwei Minuten zu dem Terminal in seinem Coffeeshop hat, also zwei Minuten, die in der Zukunft liegen. Was jetzt folgt, ist eine absolut verrückte Reihenfolge von Ereignissen, die sowohl absolut logisch sind als auch unerwartet, doch wie lange können die Freunde die Zukunft ohne Folgen manipulieren? Super clever, witzig und mitreißend, ein Zeitreiseepos aus Japan, mit wenig Geld gemacht, aber mit grandiosen Ideen.

 

 

In CAVEAT bekommt der gerade genesene, aber immer noch an Gedächtnisverlust leidende Barrett das Jobangebot, auf eine junge Frau aufzupassen. Diese wohnt in einem schäbigen Haus auf einer abgelegenen Insel. Trotz Bedenken willigt er ein, weil er das Geld dringend braucht, und es soll ja auch nur für ein paar Tage sein. Doch das Haus und die Frau verbergen mehr dunkle Geheimnisse, als auf eine Sondermülldeponie passen. CAVEAT nimmt den Zuschauer mit auf einen unvorhersehbaren Gruseltrip und wirkt auf einer tiefenpsychologischen Ebene. Das Gefühl der Angst, die den Protagonisten erfasst, überträgt sich perfekt auf den Zuschauer, ohne große Jump-Scares und/oder blutige Effekte. Ein sehr empfehlenswerter Horrorfilm, der lange nachwirkt.