Regie: Clint Eastwood / USA 2018 / 116 Min.

Darsteller: Clint Eastwood, Bradley Cooper, Dianne Wiest, Alison Eastwood, Taissa Farmiga, Laurence Fishburne, Andy Garcia, Michael Peña

Produktion: Clint Eastwood, Dan Friedkin, Jessica Meier, Tim Moore, Kristina Rivera, Bradley Thomas

Freigabe: FSK 12

Verleih: Warner Bros.

Start: Bereits gestartet

 

 

Familie ist das Wichtigste

Eastwood macht aus einer mal wieder wahren Geschichte einen typischen Eastwood. Earl Stone (innerlich wie äußerlich versteinert? Die reale Figur hieß anders!) ist ein alter Gärtner, der seine Familie vernachlässigt hat. Nun ist seine Gärtnerei dicht, die Familie will kaum mehr von ihm wissen, und durch Zufall heuert er als Drogenkurier, als „mule“, an (natürlich ist er auch „stubborn as a mule“). Er bewährt sich, kann mit den Entlohnungen den Wandel der Welt etwas aufhalten (indem er z. B. seine Gärtnerei und eine Veteranenkneipe vor dem Ruin rettet). Aber wird er sich am Ende an die Anweisungen des Kartells halten oder seine sterbende Ex-Frau (Dianne Wiest) besuchen?

Es gibt hier viele in Stein gemeißelte Eastwood-Sprüche. „Familie ist das Wichtigste“, sagt Earl zu Agent Bates (Bradley Cooper). Eastwood’sche Parallelmontagen: Falls eine von zwei Hauptfiguren nicht komplett im Verborgenen agiert (ABSOLUTE POWER, 1997), sind die wenigen Begegnungen Höhepunkte. Hier gibt’s zwei. Zunächst unterhalten sich die beiden, ohne dass Bates weiß, dass er mit dem Gesuchten redet. Sie schätzen einander, der Alte gibt dem Jungen (und, wie oft bei Eastwood, sich selbst) Lebensratschläge wie den zitierten. Die Wiederbegegnung wird ein Musterbeispiel an herausgezögerter Inszenierung des Erkennens, wen Bates vor sich hat.

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Eastwood steht für „amerikanische“ Dinge. Der Film ist von sympathischem Konservatismus wie Idealismus. Family Values. Beständigkeit. Ein nostalgischer Soundtrack sowie nur moderate Dissonanzen (Arturo Sandoval in Kontinuität des Stammkomponisten Lennie Niehaus). Unbehagen gegenüber neuen Medien (die auch Earls Gärtnerei ruiniert haben). Der Glaube, seines eigenen Glückes Schmied zu sein (nur nicht vom Tellerwäscher zum Millionär, sondern vom Gärtner zum Drogenkurier). Alles mit viel trockenem Humor. Allein wie Earl einen Choleriker ärgert und austrickst, dessen Blick am Handy klebt, muss man gesehen haben.

Die Kamera zeigt Americana – Wide Open Spaces, Wüste, Diners, Musikkneipen, Motels und Garagen an Ausfallstraßen, so wie das nur Eastwood kann (sogar im harten Kriegsfilm FLAGS OF OUR FATHERS, 2006). Die Kurierfahrten führen durch diverse Landschaften, aber so viel Earl auch herumkommt, ist da nicht nur nostalgische Schönheit, sondern auch Melancholie des Unwiederbringlichen. Die Wüsten und Ausfallstraßen sind karg, das Grün der Wälder und Wiesen ist wenig satt. Kameramann Yves Bélanger bleicht nicht so stark aus wie Vorgänger Tom Stern, aber es ist bemerkbar. Oder der Verzicht darauf. Earl züchtet Taglilien, sie haben beim Erblühen satte Farben, nur einen Tag lang, nach langem Warten. Auch Earl ist ein Spätblüher, der in der Tretmühle und ohne Familie gelebt hatte. Die Blüten tauchen im Anfangs- und Schlussbild auf. Ein Kreis schließt sich; Earl ist wieder bei sich. Bélanger ist nur dafür zu kritisieren, dass er die Kamera bei einer Party des Kartellbosses (Andy Garcia!) penetrant auf leicht bekleidete Frauenpopos richtet.

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[…] Symbiose aus Erzählung und Erzähltem entsteht. Noch in seinem jüngsten Regie-Hauptrollen-Film „The Mule“ (2019) ist dies so, in dem die wahre Geschichte eines greisen Drogenkuriers nur so lose […]